Die Autorin Manuela von Perfall im Gespräch:
1) Manuela von Perfall, Sie besuchten Ikonen der hohen Schule der vortrefflichen Einladungen, trafen Frauen, deren Vision es ist, sich mit Freunden und Fremden zu verbinden und wiederum andere, die ihre Gastgeberinnen-Rolle im öffentlichen Event-Rahmen setzen. Ist die direkte Verbindung von Mensch zu Mensch über eine persönliche Einladung in digitalen Zeiten noch wichtig?
Manuela von Perfall: »Wir alle halten uns immer öfter in digitalen Welten auf, entsprechend abstrakter und unverbindlicher sind die Kommunikationswege geworden. Ich glaube aber, dass parallel dazu eine große Sehnsucht nach realen gemeinsamen Erlebnissen besteht und bewährte Rituale eine Renaissance erleben. ‚Echtzeit‘ miteinander zu teilen und für Freunde Haus und Herz zu öffnen, ist eben mit keiner noch so dreidimensionalen Technik zu ersetzen.«
2) Gibt es – Ihrer Erfahrung nach – noch eine weitere verbindende ‚Geheimzutat‘, die alle zwanzig großartigen Gastgeberinnen kennen und ihren persönlichen Einladungen beigeben?
Manuela von Perfall: »Isa von Hardenberg hat es auf den Punkt gebracht. „80 Prozent zuhören, 30 Prozent selber reden“. Im übertragenen Sinn bedeutet das ganz einfach: Interesse am anderen zeigen und ihm die Hauptrolle übertragen. Nicht umsonst heißt es „gastgeben“ und nicht „gastnehmen“.«
3) Sie zitieren im Buch das Motto des Wiener Café Leopold Hawelka: ‚Hier wird Zeit serviert‘. Ist das Sich-Zeit-Nehmen für geladene Gäste wie Gastgeber die wichtigste Herausforderung einer Einladung?
Manuela von Perfall: »Ja, sich Zeit füreinander zu nehmen ist das Wichtigste. Nichts ist schlimmer als eine hektisch den Tisch abräumende Gastgeberin oder ein Gastgeber, der andauernd auf die Uhr schaut. Langeweile und Stress bleiben idealerweise vor der Tür, wenn das Fest beginnt. „Offen sein für Begegnungen aller Art“, rät die Gastgeberin Alice von Seldeneck, „am Ende sollen alle das Gefühl haben, dass die gemeinsam verbrachte Zeit sie weitergebracht hat.«
4) Pellkartoffeln mit Kräuterquark, Bio-Catering, Orient trifft Okzident und Hollersaft oder Hochprozentiges – Wie wichtig sind Essen und Getränke?
Manuela von Perfall: »Wer seinen Gästen nur trockenes Brot oder einen Billigfusel aus dem Supermarkt anbietet, dem liegt wahrscheinlich auch wenig an ihrer Gesellschaft. Um zu zeigen, dass die Gäste willkommen sind, sind liebevoll zubereitete Speisen und sorgfältig ausgesuchte Getränke spürbare Zeichen. Doch gilt darüber hinaus, was Mon Muellerschoen sagt: „Wichtiger als der beste Champagner sind Freundschaft und Aufmerksamkeit.«
5) Grünes und Buntes, Apartes und Dezentes, Schönes und Charmantes, Handgeschriebenes und perfekt Vorbereitetes? Wie wichtig ist die Raum- und Tischdekoration?
Manuela von Perfall: »Die Ausstattung einer Einladung, sozusagen die Gestaltung des Bühnenbilds, ist ja ein wichtiges Element der Gesamtwirkung. Dabei gibt es unendliche viele Möglichkeiten, eine besondere Atmosphäre zu schaffen, die alle sogleich in Stimmung bringt. Für die Designerin Ulrike Krages ist es das „emotionale Dreigestirn“ Alkohol, Musik und Beleuchtung, für Minki Willms eine urwüchsige und Tischdekoration mit Zutaten aus der Natur. Grundsätzlich sind alle Gastgeberinnen sich in einem Punkt einig: Mehr ist Mehr.«
6) Die Sitzordnung ist das halbe Gastgeberinnen-Leben. Ob mit Menschenkenntnis und Astrologie, wer sitzt zu Ihrer Rechten und Linken, wenn Sie persönlich Gäste einladen?
Manuela von Perfall: »Meine liebsten Tischherren sind ein guter alter Freund auf der einen Seite und ein relativ Unbekannter auf der anderen. Ich achte darauf, dass meine beiden Tischnachbarn sich etwas zu sagen haben, weil ich als Gastgeberin ab und zu aufstehen muss. Ich persönlich sitze auch gern neben einer lustigen oder interessanten Frau – viel lieber als neben einem ‚wichtigen’ aber langweiligen Mann.«
Weiterlesen in der Rezension von »Willkommen bei großartigen Gastgeberinnen« von wohnbuchbüro.
Bildnachweis: Manuela von Perfall aus »Willkommen bei großartigen Gastgeberinnen«,© Callwey 2017. Fotografin: Anja Hölper.